Offener Brief der IGSM sowie Münchner Kanuten und Kajakern an Oberbürgermeister Dieter Reiter
Sehr geehrter Herr Reiter,
wir möchten Ihnen zur Wiederwahl als Oberbürgermeister gratulieren und Ihnen unsere Anerkennung im Umgang mit der Pandemie aussprechen, die den Start Ihrer neuen Amtszeit bestimmt hat. Im Schatten dieser Pandemie hat sich für die Wassersportler eine derart festgefahrene Situation ergeben, auf die wir Sie in dieser Form aufmerksam machen möchten.
Wie Sie wissen wurde im Floßländkanal in München-Thalkirchen seit den 1970er-Jahren jeden Sommer rund um die Uhr gesurft. Kajaker und Kanuten nutzen den Floßländkanal seit seiner Fertigstellung um 1900 für Wildwassertrainings. Zugunsten der Stromerzeugung der SWM wurde das Wasser seit 2010 mehr und mehr reduziert. Nur für den Flößereibetrieb wird die Durchflussmenge für fünf Stunden am Tag zwischen Anfang Mai und Mitte September leicht erhöht. Durch einen von den Surfern konstruierten Einbau gelang es während dieser fünf Stunden eine surfbare Welle zu erhalten. Den Kanuten und Kajakern bleiben ebenfalls nunmehr diese fünf Stunden am Nachmittag um ihren Trainingsbetrieb aufrecht zu erhalten.
Seit dem persönlichen Gespräch zwischen Ihnen und Vertretern der IGSM e.V. im November 2019 war unsere Hoffnung groß, dass die Nutzungszeiten für den Wassersport im Floßländkanal nach jahrelangem, ehrenamtlichem Bemühen substanziell ausgeweitet werden können. In einem groß angelegten Runden Tisch mit allen Nutzern des Floßländkanals und Vertretern fast aller Stadtratsfraktionen im Januar 2020, bestätigte sich, dass dem von uns ausgearbeiteten Konzept zur Beschickung des Kanals mit Nutzungszeiten von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang nichts im Wege steht. Lediglich die SWM stellten sich erneut quer und behaupteten, es bedürfe einer offizielle Weisung durch den Stadtrat oder Sie persönlich, damit die geringe notwendige Zusatzmenge an Wasser fließen kann.
Mit Beginn der COVID-19 Pandemie kamen die Verhandlungen zu einem abrupten Ende. Verständlicherweise hatten Sie und alle Mitarbeiter der Stadt München alle Hände voll zu tun, um der neuen Situation gerecht zu werden. Dafür möchten wir Ihnen ein herzliches Dankeschön aussprechen. Umso erfreuter waren wir, dass die langfristige Sicherung des Wassersports im Floßländkanal und die Optimierung der Beschickung in den Koalitionsvertrag der neuen Stadtregierung aufgenommen wurden.
Mittlerweile hat sich vieles normalisiert und so wurde auch der Eisbach am 12. Mai erfreulicherweise wieder zum Surfen freigegeben. Allerdings droht die Wassersportsaison im Floßländkanal 2020 komplett auszufallen. Da bis auf weiteres keine Flöße fahren dürfen, wurde die Wasserbeschickung durch das Referat für Gesundheit und Umwelt auf das ökologische Mindestmaß zum Artenschutz gedrosselt. Paddeln und Surfen sind bei diesem niedrigen Pegel jedoch nicht möglich. Die ungenutzte Wassermenge wurde durch die Verwaltung – ohne Absprache mit den Wassersportlern – den SWM zur Stromerzeugung zugeteilt. Eine Interessensabwägung mit den Münchner Wassersportlern fand nicht statt! Mit dem Mai ist bereits ein Fünftel der ohnehin kurzen Saison verstrichen und es ist zu erwarten, dass sich ungeübtere Surfer von der Floßlände mangels Alternativen einem höheren Verletzungsrisiko am Eisbach aussetzen werden. Darüber hinaus trägt es nicht zur Vermeidung von Warteschlangen im Sinne der Infektionsschutzmaßnahmenverordnung bei, wenn die Anzahl der surfbaren Wellen unnötig dezimiert wird.
Vor diesem Hintergrund ist die mangelnde und in Teilen widersprüchliche Kommunikation von Seiten der Verwaltung für uns Wassersportler besorgniserregend. Während uns noch kurz vor der Öffnung des Eisbachs zugesagt wurde, dass alsbald auch der Floßländkanal wieder beschickt werden soll, wird nun behauptet, dass eine Beschickung nur mit Zustimmung der SWM möglich wäre. Die jedoch bestehen allem Anschein nach darauf, den Floßländkanal erst wieder ausreichend zu beschicken, wenn auch Flöße fahren. Wir Wassersportler gehen dagegen komplett leer aus, ohne Aussicht auf Besserung. Während andere Städte wie zum Beispiel Augsburg die Wiederaufnahme des Wassersports konstruktiv fördern und die Vereine gezielt mit Vorgaben unterstützen, um den Trainingsbetrieb wieder aufnehmen zu können, sehen wir uns in München mit intransparenten und nicht nachvollziehbaren Entscheidungen konfrontiert.
Wir kennen Sie als Verfechter pragmatischer Lösungen. Durch zahlreiche kurzfristige Maßnahmen wie zusätzliche Fahrradspuren, Freischankflächen und Fußgängerzonen tragen Sie und die neue Stadtregierung dazu bei, dass die Münchner Bürgerinnen und Bürger auch ohne Urlaubsreise einen schönen Sommer verbringen können. Bitte ermöglichen Sie dies auch den Münchner Wassersportlern und bewirken Sie als Oberbürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzender der SWM die sofortige Beschickung des Floßländkanals sowie die hinlänglich diskutierte Verlängerung der Nutzungszeiten.
Vielen Dank und schöne Grüße,
Der Vorstand der Interessengemeinschaft Surfen in München (IGSM) e.V.
Diesem Appell schließen sich an:
- Nicole Schick (1. Abteilungsleiterin) und Andreas Weiß (2. Abteilungsleiter) im Namen der Kanu-Abteilung des MTV München 1879 e.V.
- Andreas Strüwing (Abteilungsleiter) im Namen der Kanu-Abteilung des ESV München e.V.
- Patrick Brose (Abteilungsleiter) im Namen der Wassersportabteilung des TSV München von 1860 e.V.
- Anton Griessbach (Gruppenleiter), Michael Roas (2. Gruppenleiter) im Namen der Kajakgruppe DAV Sektion Oberland
- Max Bachmayer (Gruppenleiter) im Namen der Kajak Abteilung der DAV Sektion München (FASM)
- Christian Fasse (2. Vorsitzender) im Namen des CMK München (Club Münchener Kajakfahrer e.V.)
- Jocki Langbein (1. Vorsitzender) im Namen des DTKC (Deutscher Touren-Kajak-Club München 1912 e.V.)
- Mischa Kellner (1. Vorsitzender), Jürgen Glombig (2. Vorsitzender) und Jesko Klammer (Sportwart) im Namen des TGM (Kanu-Club Turngemeinde München e.V.)
- Stefan Schmidt (1. Vorsitzender) im Namen der Bayerischen Einzelpaddler-Vereinigung e.V.