Warum an der Floßlände aktuell nicht gesurft werden kann
Zum 50-jährigen Jubiläum konnte die Surfsaison an der Geburtsstätte des Flusssurfens in München nicht wie gewohnt am 1. Mai eingeläutet werden. Zudem ist unklar wann und ob die Saison dieses Jahr überhaupt stattfindet. Wie konnte es dazu kommen?
Seit 1972 wurde an der Floßlände 24 Stunden am Tag im sogenannten Gemeingebrauch gesurft. Ab 2008 wurde immer weniger Wasser in den Floßkanal geleitet, um die Stromproduktion am Isarwerk 1 zu erhöhen. Dadurch kam die Welle komplett zum erliegen. Im Jahr 2015 konnte die IGSM e.V. einen speziellen Lamelleneinbau entwickeln, mit dem zumindest für fünfeinhalb Stunden am Tag gesurft werden konnte.
Im Januar diesen Jahres wurde die IGSM darüber informiert, dass die Welle aufgrund dieses Einbaus nun ein Betreibermodell benötigt. Schon damals haben wir darauf hingewiesen, dass es uns nicht möglich sein wird alle bürokratischen Hürden zu überwinden, um unseren Verein rechtzeitig zum Saisonstart entsprechend umzuwandeln. Ende Februar wurde der IGSM mitgeteilt, dass das Referat für Bildung und Sport die Betreiberrolle nicht übernehmen wird und unser Verein die Verantwortung als Betreiber für die Welle inklusive Haftung und Verkehrssicherungspflicht übernehmen soll, was durch den Beschluss vom 5. April durch den Ausschuss für Klima- und Umweltschutz (AuKU) bestätigt wurde. Unsere wiederholte Bitte, dem Verein bis zur Saison 2023 Zeit zu lassen, wurden nicht gehört.
Wie haben in den letzten 4 Wochen durch enormes ehrenamtliches Engagement versucht, den Saisonstart zu retten. Mitglieder wurden mobilisiert, Warnschilder entworfen, ein Konzept zur täglichen Sicherheitskontrolle wurde erstellt und ein genehmigungsfähiger Antrag zum Einbau der Lamellen wurde bei der Stadtverwaltung eingereicht. Versicherungen wurden angefragt und geprüft. Leider hat die Zeit dennoch nicht gereicht. Insbesondere ist die private Haftung unserer Vorstände für etwaige Unfälle zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen.
Die IGSM kümmert sich weiterhin mit größter Mühe darum, in Zusammenarbeit mit Anwälten und Versicherungen alle Haftungsfragen zu klären, um einen möglichst baldigen Saisonstart zu ermöglichen.
Gleichzeitig bedauern wir, dass die Stadt nicht weiterhin bereit ist, den Surfbetrieb an der Floßlände zu übernehmen. Sowohl Stadt und IGSM haben ihr Interesse bekundet, dass das Surfen an der Floßlände weiterhin für die allgemeine Öffentlichkeit kostenfrei möglich sein soll. Die in Zukunft durch Vereinsmitglieder zu erbringenden Aufwände finanzieller und personeller Art stellen dieses Konzept jedoch in Frage. Zudem hoffen wir, dass kein Präzedenzfall für den Eisbach geschaffen wird, wo das Surfen Dank einer Allgemeinverfügung seit Jahren auch ohne Betreibermodell möglich ist.
Dank einer Anordnung durch Oberbürgermeister Dieter Reiter wurden die Wassersportzeiten in den letzten beiden Jahren auf 15 Stunden pro Tag erhöht. Parallel wurde von den Stadtwerken München ein Konzept entwickelt, das nächtliche Wassereinsparungen ermöglicht. Im Beschluss vom 05.04.22 hat der AuKU entschieden, dass die Ausweitung der Wassersportzeiten zunächst auf diese nächtlichen Einsparpotentiale beschränkt bleiben soll. Wie mittlerweile bekannt wurde sind damit im Mittel maximal knappe 14 Stunden pro Tag zu erreichen. Das tatsächliche Einsparpotential könnte aber auch niedriger ausfallen – und damit auch die Sportzeiten.
Wir begrüßen in diesem Zusammenhang sehr, dass der AuKU sich explizit dazu entschlossen hat, eine künftige Ausweitung der Wassermenge nicht auszuschließen. Damit wäre dann auch eine Ausweitung der Saison möglich, die wir weiterhin anstreben. Vielleicht muss man sich der Frage stellen, wieviel Strom der Sport kosten darf. Zumal die Wassersportzeiten im Jahr 2008 ja auf Kosten der Stromproduktion reduziert wurden. Mit einem kleinen Teil der damals für den Sport verloren gegangenen Wassermenge wäre eine Ausweitung der Saison möglich. Verschiedene Modelle dazu wurden bereits in unserer Stellungnahme zur Beschlussvorlage skizziert.
Es ist außerdem anzunehmen, dass dieser Art der Naherholung auch unter ökologischen Gesichtspunkten ein positiver Beitrag zuzumessen ist, da hier eine Freizeitgestaltung ermöglicht wird, die ohne Auto oder Flugzeug auskommt. Dabei sei betont, dass der Floßkanal auch von neun Kanuvereinen genutzt wird, deren Alternativen im Alpenraum oder im Augsburger Eiskanal liegen. Im Bezug auf das Surfen ist es befremdlich, wenn künstliche Wellenanlagen vor den Toren Münchens dafür gelobt werden, dass sie ihre Anlagen mit regenerativen Energien betreiben, während den Flusssurfer*innen angekreidet wird, dass ihr Wasserverbrauch durch fossile Energieträger kompensiert werden müsste.
Wir hoffen weiterhin auf politische Unterstützung zur Ausweitung der Wassersportzeiten an der Floßlände und für die Schaffung weiterer Wellen im Stadtgebiet, damit München seinem Ruf als Surfhauptstadt gerecht wird.